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"Revenge
is a dish best served cold" (Klingonisches Sprichwort)
Inhalt
(Pressetext)
Der Blutdurst der 'Braut' (Uma Thurman) ist noch nicht gestillt. Vier
Jahre zuvor hatten ihr ehemaliger Geliebter Bill (David Carradine) und
dessen Deadly Viper Assassination Squad am Tag ihrer Hochzeit ihren Verlobten,
vermeintlich ihr ungeborenes Baby getötet und die Braut selbst sterbend
zurückgelassen. Nachdem sie aus dem Koma erwacht war, hatte sie in
Japan O-Ren Ishii (Lucy Liu) und in einer kalifornischen Kleinstadt Vernita
Green (Vivica A. Fox) im Duell ausgelöscht. Nun stehen noch drei
weitere Namen auf der Todesliste der Braut: Bills heruntergekommener Bruder
Budd (Michael Madsen) und ihre ewige Rivalin Elle Driver (Daryl Hannah)
müssen beseitigt werden, bevor sie sich Bill in dessen Unterschlupf
in Mexiko vornehmen kann. Auf dem dornigen Weg wartet so manche Überraschung
auf die Rächerin ... und die schockierende Erkenntnis, dass ihre
Tochter am Leben ist und von Bill großgezogen wird...
Weitere
Infos (von ksr)
Zweiter Teil des Epos, das von Quentin Tarantino eigentlich als ein Film
geplant war, aber schließlich aufgrund seiner Länge als Zweiteiler
in die Kinos kam.
Rezension
(von ksr)
Nahezu erschlagen verlässt man das Kino und fragt sich: Was habe
ich da eigentlich eben gesehen? Einen Kung-Fu-Film? Einen Western? Ein
Liebesdrama? Ein zwiespältiges Plädoyer für Selbstjustiz
und grenzenlose Rache? Die perfekte Symbiose aus Bild und Ton?
Auf jeden Fall "the 4th film by Quentin Tarantino", wie das
produzierende Filmstudio Miramax seit letztem Jahr nüchtern den 55
Millionen Dollar teuren Rachefeldzug einer Frau, die als einzige ein Killer-Massaker
überlebt, anpreist. Der Name Tarantinos scheint zu genügen -
jedenfalls schürt er hohe Erwartungen.
In Kill Bill Vol.2 setzt Uma Thurman fort, was sie im ersten Teil begonnen
hat - und doch ist alles ganz anders: Indem wir sehen, was sich kurz vor
dem "Two Pines Massacre" im texanischen El Paso, das direkt
aus dem Wilden Westen zu stammen scheint, zugetragen hat, inszeniert Tarantino
eine umwerfende Sequenz in Schwarz/Weiss - man wünscht sich, es möge
gar nicht mehr farbig werden, während man gleichzeitig ins Grübeln
gerät, ob "Spiel mir das Lied vom Tod" denn nun wirklich
ein Farbfilm ist.
So mancher Kritiker bekommt bereits in diesem ersten Kapitel einen Dämpfer:
Wer in Tarantino einen Gewaltverherrlicher sieht, findet in dieser Szene
keine Bestätigung: Die Kamera entfernt sich vom Geschehen, bevor
sich Bills "Deadly Viper Assasination Squad" daran macht, die
Hochzeitsgesellschaft zu exekutieren; schließlich wissen wir bereits,
wie dieses Massaker ausgehen wird. Vermeintliche Tarantino-Fans, die den
ersten Teil hauptsächlich aufgrund seiner Actionqualitäten und
der, oberflächlich betrachtet, durchaus fragwürdigen Gewaltexzesse
"geschätzt" haben, dürften mit dem zweiten Teil ohnehin
nicht so richtig zufrieden sein. Alle anderen dafür umso mehr.
Denn was mit Vol. 2 folgt, ist ganz großes Kino. Und weit mehr als
"A roaring rampage of revenge".
Für "The Bride", die mit diesen Worten direkt zum Zuschauer
spricht, sowieso erstmal das Gegenteil - ausgerechnet von ihrem einstigen
Killerkollegen Budd, der sich mittlerweile mehr schlecht als recht als
Rausschmeißer und Kloputzer durchschlägt, wird sie bezwungen.
Mit einer einzigen Gewehrsalve streckt er sie nieder, ohne dass sie zuvor
einmal die Klingen gekreuzt hätten. Während er ein Grab ausheben
lässt, ahnen wir, dass folgen wird, was den britischen Hammer-Filmstudios
in den 1960er Jahren einen ganzen Spielfilm wert war - ungläubig,
dass es wirklich passiert. So soll es zu Ende gehen mit einer Frau, die
in Kill Bill Vol. 1 geradezu comichaft zur Superheldin hochstilisiert
wurde - die unbesiegbar, ja nahezu unsterblich schien? Gewiss nicht -
Tarantino geht nur konsequent den letzten Schritt, um sie vollends zur
Ikone werden zu lassen.
Wenn Ihre gespreizte Hand in bester Horrorfilm-Manier aus dem frischen
Grab emporschnellt, fühlt man sich an Brian DePalmas "Carrie"
erinnert - aber dort ist es nur ein Traum, in Kill Bill ist es die Realität
und kommt einer Auferstehung gleich. Nun kann sie nichts und niemand mehr
aufhalten.
Und der Höhepunkt ist noch lange nicht erreicht, es steht noch eine
Menge bevor: Der Kampf mit der durchgeknallten Elle "Californian
Mountain Snake" Driver - im wörtlichsten Sinne Auge um Auge,
die Begegnung mit ihrer Tochter und schließlich das etwas andere
Finale mit Bill.
Wenn
der Film zu Ende geht, hat Tarantino alle Register der Filmkunst gezogen.
Die fabelhafte Besetzung hat ein übriges getan - exemplarisch seien
David Carradine, Michael Madsen und Daryl Hannah genannt, bei denen man
sich fragt, warum es wieder einmal Tarantino sein muss, der diese Schauspieler
in großen Rollen zurück auf die Leinwand bringt.
Sicher, man mag Kill Bill vorwerfen, er habe keine Botschaft, er erzähle
nichts über das Leben. Aber er ist Film - vielleicht Film in seiner
reinsten Form. Tarantino schöpft alles aus, bis hin zur Episode in
ausgewaschenen Farben, leicht grieseligem Bild und den für Bruce
Lee-Filmen typischen gerissenen Zooms - origineller könnte die harte
Ausbildung bei Pai-Mei nicht dargestellt werden. Desweiteren wechselnde
Bildformate und Splitscreen - und zu jeder Zeit geht die Mixtur auf. Dabei
ist die formale Seite nicht kunstvoll um der Kunst willen - alles dient
seinem inhaltlichen Zweck, und schafft beim Zuschauer eine ungeheuer packende
emotionale Anteilnahme, wie sie vielleicht nur im Kino möglich ist
- wenn sie uns auch bei weitem nicht bei jedem Film ergreift. Ebenso die
erneute, leichte Unordnung in der Chronologie - sie dient nur dem Spannungsaufbau.
Es ist ebensowenig "nur" ein "cooler" Kunstgriff wie
die oftmals in Tarantinos Werke gedeutete Ironie. Das meiste an seinen
Filmen ist nicht ironisch, im Gegenteil: Tarantino nimmt alles absolut
ernst, noch ernster als es vielleicht die Macher derjenigen Filme genommen
haben, von denen er sich inspirieren ließ - er liebt die Filme,
die er zitiert - und das so sehr, dass er sie nicht nur zitiert, sondern
erhöht, veredelt, perfektioniert. Und somit ist der Film nie farblos
wie ein Plagiat, sondern kraftvoll und explosiv wie ein Feuerwerk, das
einem immer wieder staunen läßt.
Wem Quentin Tarantino alles nacheifert - das weiß vermutlich nur
er selbst; kann nur jemand wissen, für den das, was der US-Schauspieler
Steve Buscemi einst über sich selbst sagte, wahrscheinlich am allermeisten
zutrifft: "Filmegucken war meine wahre Ausbildung".
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